Familienangebote

Übergangspflege in Bewegung

Von Andrea Rechenmacher

Seit 2017 begleitet tipiti die Übergangspflege von Säuglingen, die zur Adoption freigegeben werden sollen, während der dreimonatigen Entscheidungsfrist der Mütter. Unser Angebot steht auch Eltern offen, die ihr Kind vorübergehend nicht selber betreuen können. Die wenig planbaren Anfragen sind eine tägliche Herausforderung, wie auch die einzigartige Situation jedes Kindes. Auch auf behördlicher Ebene bleibt noch viel zu tun, bis sich die Abläufe rund um Babys im Übergang zu einer möglichen Adoption reibungsloser gestalten.

Dank der Flexibilität aller Beteiligten und des hohen Engagements der Pflegefamilien gelang es, für alle zwanzig Babys eine Familie zu finden, trotz der oft kurzfristigen Anfragen. So einzigartig wie jedes Kind ist auch jede Situation: Das eine Baby zieht schon am Tag seiner Geburt mit den Übergangspflegeeltern nach Hause um, das andere wird für Abklärungen oder bis zum Austritt der leiblichen Mutter im Spital behalten; und einige Mütter entscheiden sich, ihr Kind doch bei sich zu behalten. Wir legen Wert darauf, dass Übergangspflegeeltern das Baby möglichst früh im Spital besuchen können. Nur so kann sich eine Bindung aufbauen, was dem Kind hilft, später im Leben wieder feste Bindungen einzugehen.

Übergänge sorgfältig gestalten

Die Erfahrung dieses Jahres zeigt: Jedes dritte Baby geht nach einer Zeit in Übergangspflege zurück zur leiblichen Mutter bzw. seinen Eltern, die anderen kommen nach der gesetzlichen Frist zu Adoptiveltern. In beiden Fällen planen wir einen sorgfältigen Übergang, damit das Baby keinen zweiten abrupten Beziehungsabbruch erlebt.

Pflegefamilie im Übergang begleiten

Wir gewannen letztes Jahr vier neue Übergangspflegefamilien für diese anspruchsvolle Aufgabe und führten Weiterbildungs- und Austausch-Treffen durch. Dort führten wir die Methode Marte Meo ein – sie unterstützt Bezugspersonen darin herauszufinden, was das Baby braucht – und vermittelten Theorie und Praxis der Babymassage. Die Pflegeeltern wenden ihr Wissen im täglichen Umgang mit den Babys an und ermöglichen ihnen mit ihrer liebevollen Betreuung einen guten Start ins Leben.

Es läuft noch nicht alles rund

Für die Entwicklung eines Kindes ist es von Vorteil, wenn die Übergangspflege nicht länger als drei bis vier Monate dauert; heute sind es oft weit über sieben Monate. Es braucht im System der Übergangspflege von zur Adoption freigegebenen Säuglingen eine bessere rechtliche Regelung zum Wohl des Kindes: Das Baby müsste routinemässig ab dem ersten Tag eine Beistandsperson erhalten und die Finanzierung der Übergangspflege sollte sichergestellt sein, damit sie nicht – wie dies bei vertraulichen Geburten derzeit der Fall ist – von Gemeinde zu Gemeinde weitergeschoben wird. Die Arbeit der Übergangseltern verdient eine bessere Honorierung. Es ist zu wünschen, dass Gesellschaft und Politik sich dem Thema der Übergangspflege rund um die Adoption von Babys vertieft annehmen und gesamtschweizerisch Verbesserungen schaffen kann.