Farid und Johannes sind ein Tandem

Seit Juni 2016 beherbergt und betreut tipiti in Trogen minderjährige Flüchtlinge ohne Familienbegleitung, so genannte MNA (= Mineurs non accompagnés). Meistens haben diese Kinder und Jugendlichen kaum Kontakt zur Bevölkerung hier, wünschen ihn sich aber. Das Mentoringprogramm «+ 1 am Tisch» führt sie mit Personen zusammen, die gerne Zeit mit ihnen verbringen. Wie Johannes Dörig (71) aus Trogen und Farid Husseini (17) aus Afghanistan.

Anfang November 2016 lernten sich zwei sehr unterschiedliche Menschen beim Mittagessen im Pestalozzidorf in Trogen kennen. Hier führt tipiti das Programm für jugendliche Flüchtlinge MNA im Auftrag des Kantons Appenzell AR. Johannes Dörig hat mit seinen 71 Jahren ein langes Leben hinter sich. Früher schon hatte ihn ihn der Roman Drachenläufer von Khaled Hosseini beeindruckt; nun sagte er: «Ich darf einen Jungen aus Afghanistan näher kennen lernen, der erst noch den gleichen Namen trägt!» Farid Husseini, siebzehn Jahre jung, musste aus Afghanistan fliehen. Farid wollte mehr über die Kultur in der Schweiz erfahren und Fragen zum Zusammenleben in der Schweiz stellen. Deshalb freute er sich über das Treffen mit Johannes.

Fast seine Familie

Seither trafen sich die zwei – im Programmjargon sind sie ein Mentoring-Tandem – mehr oder weniger regelmässig einmal pro Woche zum gemeinsamen Kochen und Essen bei Johannes zuhause, zum Jassen oder zum Strategiespiel 4 gewinnt. Johannes dazu: «Ich erfahre viel über Afghanistan und afghanisches Essen.» In einer Pizzeria trafen sie sich zum «Deutschkurs», gingen ins Kino oder ins Hallenbad. Farid freut sich, dass er wieder schwimmen kann, denn seit seiner Flucht über das Meer hatte ihn grosse Angst vor dem Wasser geplagt. Im Sommer wollen die beiden gern mal im Bodensee und in den Drei Weihern in St. Gallen schwimmen gehen; sie werden Holz hacken und im Alpstein wandern. Johannes und seine Mitbewohner sind für Farid zu einer Art Ersatzfamilie geworden.

Besuch bei Farids Bruder

Zusammen besuchten sie Farids Bruder, der in einem Asylzentrum im Kanton Luzern lebt – für Farid einer der wichtigsten Momente, seit er hier ist. «Es hat mich tief berührt mitzuerleben, wie sich die beiden wieder begegneten,» berichtet Johannes. Farid verlor auf seiner Flucht bis auf seinen Bruder alle Mitglieder seiner Familie aus den Augen.

Als nächstes wünscht sich Farid, dass Johannes ihm hilft, in einer Lastwagen­werkstatt schnuppern und auf einem Lastwagen mitfahren zu dürfen. Er möchte Lastwagenmechaniker oder -fahrer werden. to/thg

Tipp: Wenn Sie sich dafür interessieren, Mentorin oder Mentor für einen jugendlichen Flüchtling zu werden, hier finden Sie die Website des Programmes «+1 am Tisch» des Internationalen Sozialdienstes SSI und welches die Anforderungen sind. Für Fragen aus der Region St.Gallen und Appenzell wenden Sie sich vertrauensvoll an tschoesi.olibet@tipiti.ch, Telefon 071 220 94 80.